variscische Gebirgsbildung
Variszisches Gebirge, östlicher Teil eines europäisch-nordamerikanischen Gebirgsgürtels des jüngeren Paläozoikums. Dieses bedeutende, ursprünglich ca. 500–1000 km breite, Orogen erstreckte sich - vor der mesozoischen Öffnung des Atlantiks - vom Westrand der Russischen Plattform über Mittel-, Süd- und Westeuropa sowie Nordwest-Afrika (Anti-Atlas) bis ins östliche Nordamerika (Appalachen) und von dort über Texas (Ouachitiden) und NE-Mexiko (Sierra Madre Oriental) vermutlich bis nach Zentralamerika. Es entstand während der Variszischen Orogenese hauptsächlich vom späten Devon bis ins Oberkarbon als Folge der Kollision der zwei paläozoischen Großkontinente Gondwana und Laurussia (Old-Red-Kontinent). Die Varisziden waren ein äußerst heterogen zusammengesetzter Kettengebirgsgürtel, der sich girlandenförmig in zwei Bögen durch das heutige Mittel- und Westeuropa zog. Für diesen stark gekrümmten Verlauf sind in erster Linie die unregelmäßigen Grenzen der kollidierenden Großkontinente verantwortlich. Relikte der Varisziden finden sich hauptsächlich in postvariszisch gehobenen Mittelgebirgsblöcken, z.B. Böhmische Masse, Harz, Rheinische Masse, Odenwald, Spessart, Schwarzwald, Vogesen, Französisches Zentralmassiv, Armorikanisches Massiv, Iberische Meseta sowie in Südwest-England und in Süd-Irland, daneben in Kernzonen junger, alpidischer Gebirge, z.B. Alpen, Pyrenäen, Betische Kordillere.
Quelle: ©Walter, R. (1995): Geologie von Mitteleuropa
Das Moldanubikum (Moldanubische Zone) ist der mitteleuropäische Hauptteil der ehemaligen Kernzone des Variszischen Gebirges und tritt heute u.a. in der Böhmischen Masse, im Schwarzwald und in den Vogesen zu Tage und setzt sich über das Zentralmassiv und das südliche Armorikanische Massiv bis in die Iberische Zentralzone (Galizisch-Kastilische Zone) fort. Hier dominieren hochmetamorphe Gesteine, vor allem Gneise, Amphibolite und Migmatite, sowie ausgedehnte Granit-Komplexe, die dokumentieren, dass dieser Krustenabschnitt während der Variszischen Orogenese besonders tief versenkt, aufgeheizt und teilweise aufgeschmolzen wurde.
Das Saxothuringikum (Saxothuringische Zone) ist heute vor allem am Nordwestrand der Böhmischen Masse, im Spessart und im Odenwald aufgeschlossen und setzt sich über das nördliche und mittlere Armorikanische Massiv bis nach Südwest-Iberien fort (Ostlusitanisch-Alcudische Zone und Ossa-Morena-Zone). Das Saxothuringikum ist aus vielfältigen, sehr schwach bis stark metamorphen und intensiv gefalteten, geschieferten und verschuppten Gesteinen - meist Klastika, Carbonaten und Vulkaniten - mit jungpräkambrischen bis jungpaläozoischen Bildungsaltern aufgebaut, dazu kommen meist karbonische Granit-Körper.
Das Rhenoherzynikum (Rhenoherzynische Zone) ist vor allem in Form des Harzes und der Rheinischen Masse an der Erdoberfläche zugänglich. Seine Fortsetzungen sind in Südwest-England, Süd-Irland und Süd-Portugal (Südportugiesische Zone) zu erkennen. Das Rhenoherzynikum entspricht dem im Paläozoikum abgesenkten und tektonisch gedehnten, aber noch zusammenhängenden passiven Kontinentalrand von Südost-Laurussia, wo insbesondere im Devon und Unterkarbon mehr oder weniger kontinuierlich Küsten-, Schelf- und Tiefsee-Sedimente sowie submarine Laven gebildet wurden (Kulm, Kohlenkalk). Diese Serien erlitten bei der Variszischen Orogenese im Oberkarbon meist eine geringe Metamorphose, wurden aber gefaltet und geschiefert.
Das Subvariszikum (Subvariszische Zone) bildet den Außensaum der mitteleuropäischen Varisziden und beinhaltet die wichtigsten mittel- und nordwesteuropäischen Steinkohlenreviere. Es ist nur am Nordrand der Rheinischen Masse über Tage sichtbar und taucht nordwärts tief unter die postkarbonischen Serien ab. Das Subvariszikum setzt sich über Südholland, Belgien, Nordfrankreich, Kent und Südwales bis nach Südirland fort. Charakteristisch sind vor allem die mächtigen Sand- und Tonstein-Ablagerungen des Oberkarbons als Folge der intensiven Erosion des sich heraushebenden Variszischen Gebirges. Über 200 Kohleflöze lagern sich in diese Molasse-Sedimente ein. Dieses mächtige Oberkarbon steht in starkem Gegensatz zu den unterlagernden Serien des Unterkarbons, Devons und älteren Paläozoikums. Die Gesteine des Subvariszikums wurden im höheren Oberkarbon gefaltet, aber nicht mehr bis zur Metamorphose abgesenkt. Die Faltung klingt nach Norden hin aus.